

Mein erster Schulbesuch! Mitten in den Rocky Mountains! Die Canadian Rockies Public Schools. Dazu gehört die Canmore Collegiate High School und die Banff Community High School. Wir sind hier mitten in den Bergen. Die High School in Canmore hat um die 400 Schüler, davon etwa 40 Austauschschüler und in diesem Jahr 14 davon aus Deutschland. Steve, Director of Technology, Learning and Facilities, meinte, die Deutschen freuen sich am meisten auf die Skisaison. Man kann es sich kaum vorstellen, aber innerhalb von 20 Minuten ist man hier in drei großen Skigebieten. Die Wochenenden gehören den Bergen. So ist das hier. Outdoor gehört dazu. Es ist eben das, was sie hier haben. Und es könnte nicht schöner sein. Der Eingang der Schule führt in ein Rondell, was die Aula darstellt. In der Mitte dieses Rondells, welches verglast ist, wohnen – kein Witz – Hühner. Es ist eine besondere Art Hühner, denen die Kälte nichts ausmacht. Das sollte es hier auch, immerhin ist Anfang September und es ist Schnee angesagt für die nächsten Tage.

Entlang des Rondells sind die Schulsekretariate und Lehrerzimmer. Auffällig ist: es gibt keine Türen bzw. wenn doch, stehen sie offen. Jeder kann jederzeit vorbeischauen, egal ob Local oder International, egal welche Fragen und Anliegen es sind. Von dem Rondell gehen zwei lange Gänge ab. Ein Gang für die akademischen Fächer, ein Gang für alle praktischen Fächer. Man könne sich gar nicht verlaufen, meint Steve. Als erstes zeigt er mir die Räume, in denen alle praktischen Fächer angeboten werden. Hands-on learning ist hier allgegenwärtig. Und ich bin erstaunt. Man hört laut Musik aus dem ersten Raum. Es ist ein Fitnessraum, der ziemlich gut ausgestattet ist. Die Schüler trainieren.

Dann kommen Räume, die mich ziemlich begeistern. Eine professionelle Gastroküche, wo gerade Unterricht läuft, das Theater, ein Fotoraum, Videoproduktion, Holzwerkstatt, Autowerkstatt, Kunstraum und natürlich die Sporthalle – man spürt dort den High School Spirit.









Der Unterricht beginnt hier um 8.30. Es werden jeden Tag 4 Fächer unterrichtet, jeden Tag die Gleichen. Nach dem ersten Halbjahr wird neu gewählt. Die Schüler sollen zwei akademische Fächer und zwei praktische Fächer wählen. Nach dem ersten Fach gibt es 10 Minuten Pause, die Gänge füllen sich. Es gibt ein großes Hin- und Hergelaufe auf den Fluren und viele Schüler sind auf dem Weg zu ihrem Spind. Steve wird immer wieder von Schülern gegrüßt „Hi Steve“. Eine total lockere Atmosphäre zwischen Schülern und Lehrern, so kommt es mir vor.

Genau das gleiche erlebe ich auch auf dem akademischen Gang. Mir fällt auf, dass auch hier alle Räume, in denen Unterrichtet wird, offen stehen. Warum das so sei, frage ich Steve. Es sei eine Lehrerentscheidung, wäre aber ganz normal hier. Außerdem fällt mir auf, dass viele Jungs Caps tragen im Unterricht. Seit 5 Jahren ungefähr sei das erlaubt. Es gibt eine Kleiderordnung: keine Trägertops, kein Bauchfrei, keine zu kurzen Hosen, für Mädchen und Jungen. Die Schüler sitzen oft in Gruppen zusammen, die Tische und Stühle stehen nicht in Reih und Glied. In manchen Klassen sitzen die Schüler mit Kopfhörern und hören Musik. Jeder Raum hat ein Whiteboard für den Beamer oder einen großen Bildschirm, auf dem prästentiert wird. Alle Räume sind technisch unglaublich gut ausgestattet. In die Klassen, in die ich reinschaue, kann ich nicht erkennen, wer nun Local und wer Austauschschüler ist. Es sieht aus wie in einer ganz normalen Klasse. Die Klassen sollen möglichst klein gehalten werden, sagt mir Steve. Die Austauschschüler der Schule kommen hauptsächlich aus Japan, China, Deutschland, Brasilien, Spanien und Italien.


Die Dachterrasse ist der Wahnsinn. Wenn ich mir vorstelle, ich würde hier meine lunch break verbringen – ja, gerne! Dort gibt es auch einen Schulgarten, der von den Schülern bewirtschaftet wird und die frischen Erzeugnisse in der Mensa verarbeitet werden.


Ich hatte auch die Gelegenheit mit der Lehrerin des Foods-Kurses zu sprechen, die übrigens seit 3 Jahren deutsche Austauschschüler bei sich zu Hause aufnimmt. Von einem Schüler sei schon die ganze Familie zu Besuch gewesen. Alle zusammen waren eine große Familie, ein deutscher und ein kanadischer Teil. Toll, so etwas von einer Gastmutter zu hören. Die „Food“-Klasse hat mich besonders beeindruckt. Die Lehrerin meinte, sie hätte letzte Woche zu Beginn des Schuljahres mit den Schülern besprochen, was sie gerne in diesem Kurs lernen möchten. Schon alleine, dass sie dies fragt, finde ich bewundernswert. Ein Schüler antwortete, dass „ich ohne meine Mutter kochen kann, wenn ich später einmal ausziehe“. Ja, wie logisch das ist. Learning by doing. Es geht nicht nur um das Kochen. Die Schüler verkaufen ihr gekochtes Essen in der Mensa, an die Schüler und an die Angestellten der Schule, zum Mitnehmen als Familienabendessen, machen das Catering für Events. Sie lernen Angebot und Nachfrage, Kalkulation, Wareneinsatz, Preisgestaltung, usw. Es ist eben nicht „nur“ das Kochen.


Überhaupt kommt mir die Schule sehr praktisch und lebensnah vor, und verbunden mit der Natur. Zurück am Rondell fallen mir die Pfeiler aus Holz auf. Holz gibt es hier genug und es gehört zum Leben in den Bergen.

Steve erzählt mir, dass der Schulbezirk keine Homestay Organisation hat, die sich um die Gastfamilienplatzierung kümmert. Alle kennen sich, es sei einfach Gastfamilien zu finden. Canmore hat 14.000 Einwohner, Banff knapp 9.000. Die Gastfamilien kennen sich untereinander und das macht das Kontakteknüpfen für die Schüler unglaublich einfach.

Seit kurzem gibt es sogar einen öffentlichen Bus, der zwischen Canmore und Banff verkehrt. Den dürfen hier auch die Jugendlichen selbständig nutzen. Und im Winter natürlich die Skibusse. Steve meint, jeder der Skifahren möchte, kommt hier auf seine Kosten. Meistens entscheiden sich die Austauschschüler für ein Skigebiet und kaufen sich dafür einen Saisonpass. Bis dahin dauert er vermutlich nicht mehr lange, wenn schon in der zweiten Schulwoche Schnee fällt. Am ersten Wochenende nach der Anreise waren alle Internationals zusammen mit 30 Schülern aus Japan, die gerade für 3 Wochen an ihrer Partnerschule zu Besuch sind, im Canadian Rockies Outdoor Learning Center beim withe water rafting. Die Bilder davon hat mir der Schuldirektor gezeigt. Es kommt mir alles sehr familiär und liebevoll vor. Jeder der hier her kommt, ist willkommen. Man kennt sich. Steve sagt mir auf unserem Rundgang immer wieder „das ist ein Schüler aus Japan, das einer aus Spanien“. Wer das Stadtleben sucht, wird hier nicht fündig. Calgary im Osten ist eine gute Autostunde entfernt, in den Westen kommt erst einmal hunderte Kilometer gar nichts außer wunderschöner Berge, Seen und Wasserfälle. Wer Lust auf eine sportliche Outdoorerfahrung hat und ein modernes und praktisches Schulleben in familiärer Umgebung, dem kann ich nur sagen: die Rocky Mountains warten auf dich!
Fächer, die angeboten werden:
English, Maths, Social Studies, Science (Physik, Biologie, Chemie), PE (Sport), Personal Fitness, Career and Life Management, Art, Mechanics, Constructions, Gardening, Foods, WILD (outdoor education), Drama, Media and Design, Music, Jazz and Concert Band, Foods, Leadership, Forensics, Psychology, French. Es werden AP Kurse angeboten und French immersion.

Canadian Rockies Outdoor Learning Center: die Schule hat eine besondere Kooperation, Steve nennt es die „base“. Das Outdoor Learning Center bietet Aktivitäten wie „Career and Life Management“ Kurse an. Nicht im Klassenzimmer, sondern auf dem Rücken eines Pferdes, während des Wanderns und beim Klettern am Felsen. Hands-on learning! Ein Traum für alle Outdoorfreaks! http://olc.crps.ca/